Endlich im Treppenhaus angekommen bemerken wir, dass das Kind den Sportbeutel vergessen hat und die Wohnungsschlüssel auf dem Küchentisch liegen. Augenblicklich sinkt die Laune ins Bodenlose, der Körper sendet Code Red und wir können uns für einen Moment nicht mehr an den Ersatzschlüssel erinnern, weil unser weinendes Kind den Lärm in unserem Kopf übertönt.
Überlebensmodus
Für die Fähigkeit, das Komische an der Situation zu sehen, ist der Kiefer zu angespannt und die Atmung zu flach. Der Alltagsstress hat uns in seinen Fängen. Ab jetzt regiert der Autopilot. Indem er Plan B aktiviert, damit wir unser Ziel doch noch erreichen, katapultiert er uns aus dem Hier und Jetzt in den Funktionsmodus. Wir spulen altbekannte Hilfsmuster ab. Das Dumme an der Sache ist: Wir sind biologisch so programmiert, dass die Information Stress gleich „Überlebensmodus“ bedeutet und nun sämtliches Blut in unsere Arme und Beine gepumpt werden, damit wir vor der potenziellen Gefahr davonlaufen können. Das Hirn geht sauerstofftechnisch leer aus, denn kognitive Höchstleistungen sind jetzt nicht zielführend.
Wohlwollende Offenheit
In solch einer Situation auf die Schönheit des Augenblicks zu verweisen, gliche blankem Hohn. „Es hilft jedoch immer, ein paar Momente durchzuatmen, etwas Abstand von der eigenen Erregung zu bekommen und sich dessen bewusst zu werden, dass 1. nichts Schlimmes passieren wird und 2. wir absolut okay sind, so wie wir sind“, weiß Simone Eichhorn aus ihrer Praxis als Achtsamkeitslehrerin zu berichten. Sie schult Eltern, Pädagog:innen und Kinder darin, eine freundlichere innere Haltung zu entwickeln. Worin der Sinn der Achtsamkeits-praxis liegt, beschreibt sie so: „Achtsamkeit bedeutet, jedem Moment mit wohlwollender Offenheit und Neugier zu begegnen. Indem wir wertungsfrei bleiben, können wir die Schärfe aus belasteten Situationen herausnehmen und ins (Selbst-)Mitgefühl kommen. Es öffnen sich Räume der Behutsamkeit, sodass äußere Umstände wie unsere Gedanken die Macht verlieren, uns in ihren Sog zu ziehen.“ Ein Stück mehr Freiheit vom Hamsterrad also.