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Vom Erziehen und gemeinsamen Wachsen

Dieser Beitrag soll eine kleine Einführung darstellen – und war erst ganz anders geplant. Ein Artikel in der SZ kam dazwischen und hat einen kleinen Wutanfall über Experten und Studien ausgelöst.

Vater sitzt mit zwei Kindern bei Tisch und beißt in den Pfannkuchen der Tochter

Pia Arras-Pretzler

10.01.2023

Lesezeit 3 Minuten

Es ist Sonntagabend. Ich habe jede Menge Recherchearbeit hinter mir und möchte zunächst grundsätzliche Eckpunkte klären – was verstehen wir unter Erziehung? Welche Erziehungsstile gibt es? Ich komme gut voran, doch irgendwann ruft mein Mann zum Abendessen. Nachdem wir die Küche aufgeräumt haben und unser Sohn im Bett ist, blättere ich kurz die Süddeutsche Zeitung durch. Ich bleibe hängen bei: „ESSEN – was Kinder am Küchentisch erleben, prägt ihre Essgewohnten für das ganze Leben. Das ist Chance und Bürde zugleich.“ Ich lese den Text. Und ich werde wütend. Richtig, richtig wütend. Und ich beschließe, meinen sorgsam recherchierten Einstieg völlig umzuschmeißen und ganz anders anzufangen. Nämlich so:

Alles oder nichts – nein, danke

Vielleicht bin ja nur ich besonders anfällig, sofort ein schlechtes Gewissen zu haben. Der erwähnte Artikel (SZ am Wochenende, Nr. 267, 19./20. November 2022) beginnt etwa so: Zahlreiche Studien haben festgestellt, dass Kinder, die mit ihren Eltern regelmäßig gemeinsame Mahlzeiten einnehmen, weniger Essstörungen haben, soziale kompetenter sind und später weniger zu Drogenkonsum neigen. Ach, herrje! „Studien“, das klingt immer so wissenschaftlich und in Stein gemeißelt. Dabei ist es weder einfach, Studien wasserdicht und sauber durchzuführen, noch kann man als Mensch, der mit Zahlen nicht sonderlich viel am Hut hat, die Ergebnisse immer realistisch einschätzen. Aber es kommt noch schlimmer in diesem Artikel. Im Grunde geht es um alles oder nichts, wird uns weisgemacht: „Gute Essgewohnheiten sind […] Rüstzeug für ein gelungenes Leben“, schmiert uns Ernährungspsychologe Klotter aufs Brot. Danke für nichts. Mag ja alles irgendwie stimmen, aber es hilft auch nicht wirklich, oder?

Die besten Tipps für Feierabend und Wochenende gibt’s hier

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Erziehung ist Herzenssache

Diesen Zwiespalt auszuhalten zählt meiner Meinung nach zu einer der elterlichen Kernkompetenzen. Irgendwer weiß meistens besser, wie’s geht. Und lässt dabei praktischerweise vieles weg, was nicht ins Bild passt. Warum zum Beispiel weist die SZ in diesem Artikel nicht auch darauf hin, dass gemeinsame Mahlzeiten auf eine stabile familiäre Situation hindeuten können? Die dann wiederum eigentlich für all diese tollen „Nebenwirkungen“ gemeinsamer Mahlzeiten verantwortlich wäre? Und warum komme ich selbst nicht sofort darauf, mir diese Frage zu stellen, sondern fühle mich erst mal schlecht? Weil uns alles unter die Haut geht, was mit unseren Kindern zu tun hat. Weil wir als Eltern nicht unbedingt rational agieren. Weil wir es richtig machen möchten. Und nur zu bereitwillig auf unsere Kappe nehmen, wenn etwas nicht rund läuft. Oder zur Tigerin werden, und alle anderen sind der Feind und haben keine Ahnung. Beides bringt uns auf lange Sicht nicht wirklich weiter.

Misstrauen gegen einfache Lösungen

Deshalb bewegen sich Menschen, die sich mit Erziehung beschäftigen, auf sehr dünnem Eis. Was sie zu sagen haben, soll einerseits klar genug sein, damit Erziehende auch etwas damit anfangen können. Es soll dabei aber differenziert genug sein, um unterschiedlichste Menschen in ihren persönlichen Situationen ansprechen zu können. Ob das klappt? Nein. Deshalb gibt es auch nicht die eine Strategie, den einen Trick und das eine Buch für alle. Und deshalb beginnen wir heute auch eine ganze Serie zu einem Thema, mit dem man eigentlich nie ans Ende kommt.

Abenteuer Erziehung: you do you

Machen wir uns nichts vor: Das Leben mit Kindern ist ein großes Abenteuer. Was deshalb nicht funktioniert: deinem Leben vorgefertigte Tipps überzustülpen. Nein, nicht jedes Kind kann schlafen lernen. Jedenfalls nicht sofort. (Das ist übrigens ein Ratgeber-Klassiker von Annette Kast-Zahn, der inzwischen in 23. Auflage erschienen ist, und sehr vereinfacht gesagt darauf basiert, sein Baby an regelmäßige Schlafenszeiten zu gewöhnen, indem man es immer länger allein in seinem Zimmer lässt, notfalls auch schreiend.) Jedes Kind ist anders, ebenso wie jede Familie. Erziehung ist, jeden Tag nach guten Lösungen für ein faires, gelungenes Miteinander zu ringen, in dem keiner von euch zu kurz kommt. Wie das aussieht, wissen die wenigsten von Anfang an, aber im Lauf der Zeit immer besser. Besonders, wenn ihr euch erlaubt, Dinge und Überzeugungen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Dabei schadet es auf keinen Fall, nach links und rechts zu schauen. Sich mit Freunden auszutauschen – und zwar so ehrlich, wie es euch möglich ist. Niemand hat etwas davon, wenn du über dein Leben einen Filter legst, mit dem immer alles in ein goldenes Licht getaucht ist. Bleib bei dir, bleib wach und informiert – und nimm dazu gern den einen oder anderen Erziehungsratgeber zur Hand, wenn dir danach ist. Wir werden in der Erziehungskiste immer wieder welche vorstellen. Und beim nächsten Mal werde ich mich dann auch wirklich dem Begriff „Erziehung“ nähern. Sei gespannt!

Im Mittelpunkt der Familie

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