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Schmutzig, hungrig, glücklich

Wie viel Zeit sollten wir für uns behalten und nicht verplanen? Und was kann daraus entstehen? Die fünfköpfige Familie Albrecht zeigt ihren Weg der Freizeitgestaltung. Zunächst wird an ihrem Beispiel deutlich, wie unterschiedlich Kinder sein können und wie man die Nachmittagsaktivitäten auf die Bedürfnisse der Kinder regelmäßig anpassen sollte. 

Ein Junge sitzt glücklich in einer Matsch-Pfütze

Laura Rüther

25.04.2024

Lesezeit 3 Minuten

Zwei Brüder, zwei gegensätzliche Nachmittage: Fedor wird im Mai acht Jahre und liebt Aktivitäten außerhalb der Schule. Er ist fast jeden Tag mit seinen Hobbys voll ausgelastet und fällt abends erschöpft und glücklich ins Bett. Sein jüngerer Bruder hingegen spielt am liebsten zu Hause und ist damit ausgeglichen und glücklich. Es heißt, Kinder kommen runter, wenn sie ihrem eigenen Tempo folgen. Hobbys sind richtig und wichtig sowie spannende Unternehmungen und Verabredungen am Wochenende. Aber wie viel Zeit sollten wir für uns behalten und nicht verplanen? Und was kann daraus entstehen? Die fünfköpfige Familie Albrecht zeigt ihren Weg der Freizeitgestaltung. Zunächst wird an ihrem Beispiel deutlich, wie unterschiedlich Kinder sein können und wie man die Nachmittagsaktivitäten auf die Bedürfnisse der Kinder regelmäßig anpassen sollte. Fedor ist Schulkind der zweiten Klasse. Er besucht keine OGS und isst mittags zu Hause. Seine Mutter Leslie lässt ihn nach der Schule erst mal runterkommen. Die Schulaufgaben werden direkt erledigt und auch der Schulranzen für den nächsten Tag ist gepackt, bevor seine Hobbys starten. Eine Weile war die Woche für Fedor maximal ausgebucht. Montags Hockey, dienstags Fußball, mittwochs Tennis, donnerstags wieder Hockey und freitags die zweite Fußballpartie. Dazu die Turniere oder Spiele am Wochenende und Flötenunterricht. Das heißt, jeder Tag der Woche war verplant. Nach einiger Zeit mit diesem Wochenplan bemerkte Leslie, dass Fedor dünnhäutiger war als sonst sowie eine geringere Frustrationstoleranz aufzeigte. Das Nachmittagsprogramm wurde schnell angepasst. Das zweite Hockeytraining wurde gecancelt und am Wochenende gab es die Regel von maximal einem Mannschaftssport-Spiel. Damit fand Fedor seine Balance wieder. 

Verschiedene Bedürfnisse

Die Grundschullehrerin Leslie erzählt, dass das Fußballtraining inzwischen auch direkt gestrichen wird bei Unlust an einem Trainingstag. Das ist aber eher selten der Fall, denn Fedor hat schon mit fünf Jahren auf eine Mitgliedschaft im Fußballverein gepocht. Selbst der kälteste Winter und ein „Kaltstart“ am neuen Wohnort mit Abgabe am Tor bedingt durch Corona hat ihn nicht davon abgehalten, in einer fremden Mannschaft mit fremden Trainern loszulegen – alles für den Fußball. Wenn er nicht Training hätte, würde er täglich drei Stunden lang mit Kumpels Fußball spielen, erzählt seine Mutter. Sein Bruder Arthur wird im Sommer sechs Jahre alt und ist nicht so fußballversessen. Er zeigte direkt seine Null-Bock-Haltung gegenüber Fußballtraining durch indirekte Signale auf dem Fußballplatz – nicht rennen, wenn alle Kinder rennen; bewusst wegdrehen beim anrollenden Fußball usw. Er ist auch der Typ, der lieber gar nicht erst in den Kindergarten oder bald in die Schule gehen würde. Am schönsten ist es für ihn, zu Hause zu sein und allein oder mit dem Bruder zu spielen. Hockey spielt er einmal die Woche gerne, das genügt ihm vollkommen. Zwei Brüder, zwei unterschiedliche Bedürfnisse der Freizeitgestaltung.

Achtsam sein

Wichtig ist es, diese Bedürfnisse bei den eigenen Kindern zu erkennen. Manchmal kann es auch durch lange Wartezeiten der Hobbyanbieter recht plötzlich passieren, dass die Kinder auf einmal in einen ungeplanten Hobbymarathon reinrutschen, weil gleichzeitig das Ende mehrerer Wartelisten erreicht wird. Deswegen sollten Eltern immer wieder reflektieren: Passt das Nachmittagsprogramm noch so? Ab wann wird es dem Kind zu viel? Die Zeichen dafür zu erkennen ist wichtig, damit Kinder nicht unnötigem Stress ausgesetzt sind. Selbstverständlich artikulieren die Kinder auch mal klar, dass die Chorstunden blöd sind, oder es wird nonverbal das Fußballspiel abgelehnt (so wie bei Arthurs bewussten Wegdrehen vom Ball). Fedors „Dünnhäutigkeit“ sind leisere Zeichen, die seine Mutter wahrgenommen hat. Genauso wie Kinder auch anhänglicher oder gereizter werden können. Manche haben mehr Wutanfälle als sonst oder klagen über Bauchschmerzen. 

Unverplante Freizeit genießen

Was entsteht familiendynamisch eigentlich aus dieser unverplanten Zeit? Familie Albrecht genießt freie ungeplante Wochenenden sehr. Leslie erzählt, dass diese geprägt sind von sehr viel freiem Spiel. Meist kommt es dann noch zu einem kleinen familieninternen Ausflug, aber die Kinder gehen ansonsten einfach eigenen Interessen nach. Volle Wochenenden durch Verabredungen mit Freunden, Sportturniere oder gar Wochenenden woanders werden entschleunigt durch gemeinsame Mahlzeiten zu fünft am Sonntag. Sonntag nachmittags fährt die Familie generell immer runter, zum Beispiel mit Tätigkeiten wie gemeinsam Stifte anspitzen für die angehende Schulwoche. Baden und danach im Pyjama spielen ist auch ein Ritual, das die drei Jungs von Aurel und Leslie zur Ruhe kommen lässt. 

Eigene Interessen entdecken 

Unverplante Freizeit bei Kindern ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Entwicklung. In einer Welt, die oft von strukturierten Aktivitäten und Zeitplänen geprägt ist, ist es entscheidend, dass Kinder auch Zeit haben, um einfach nur frei zu spielen. Diese unstrukturierte Zeit ermöglicht es Kindern, die eigenen Interessen zu entdecken und zu entwickeln. Wenn Kinder unverplante Freizeit haben, können sie selbst entscheiden, wie sie ihre Zeit verbringen möchten. Sie können sich mit ihren Lieblingsspielzeugen beschäftigen, draußen herumtoben, Bücher lesen, zeichnen oder einfach nur träumen. Diese Freiheit, ihre eigenen Aktivitäten zu wählen, fördert ihre Selbstständigkeit und Eigenverantwortung. Es gibt sogar Studien, die besagen, dass Kinder mit mehr unverplanter Freizeit besser Entscheidungen treffen können als solche, die maximal zugetaktet sind.

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