Schilder mit der Aufschrift „Heute nur Notbetreuung“ hängen deutschlandweit an den Türen von Kitas – oder Eltern öffnen um 7:30 Uhr die Stay-Informed-App und lesen: „Kinder mit Nachnamen von F bis O können heute aufgrund von Personalmangel nicht betreut werden.“ Ein Albtraum für viele Familien, denn nun müssen kurzfristig Lösungen gefunden werden – und das oft kurz vor einem wichtigen Jobtermin. Auch für die Kinder bedeutet diese Situation Stress: Gruppenzusammenlegungen, weniger Aufmerksamkeit und der Wegfall von Bezugserzieher:innen. Ein Brandbrief von 300 renommierten Entwicklungspsycholog:innen, Kindheitspädagog:innen, Bildungsforscher:innen und Fachkräften an die Parteispitzen der Ampelregierung warnte im vergangenen Jahr vor den gravierenden Folgen des Kita-Notstands für Kinder.
Das Märchen von der problemlosen Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Besonders stark betroffen sind demnach Kinder unter drei Jahren, die sogenannten U3-Kinder. Personalmangel und überfüllte Gruppen führen bei ihnen vermehrt zu Stresssymptomen, Erschöpfung und Unwohlsein. Im März 2023 lag die Betreuungsquote für unter Dreijährige in Nordrhein-Westfalen bei 31 Prozent – doch der Bedarf ist weit höher. Tatsächlich wünschen sich 49 Prozent der Eltern eine U3-Betreuung. Seit 2013 besteht in Deutschland ein gesetzlicher Anspruch auf einen Kitaplatz ab dem ersten Lebensjahr. Gleichzeitig wurden Frauen ermutigt, schneller wieder in den Beruf zurückzukehren. Doch zwischen Angebot und Nachfrage klafft eine enorme Lücke.
Was ist mit dem Wohl des Kindes?
In der öffentlichen Diskussion über den Kita-Notstand stehen oft Personalmangel, überlastete Erzieher:innen und gestresste Eltern im Mittelpunkt. Die 300 Fachleute des Brandbriefs lenken den Fokus jedoch dorthin, wo er hingehört: auf das Wohl der Kinder. Viele Eltern wünschen sich eine verlässliche und qualitativ hochwertige Betreuung für ihre Kleinkinder – damit sie mit einem guten Gefühl zur Arbeit gehen können. Es gibt definitiv Orte, an denen eure Kinder gut aufgehoben sind. Doch eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Betreuungsmöglichkeiten ist essenziell. Deshalb lohnt es sich, sich frühzeitig über verschiedene Betreuungsformen zu informieren, gemeinsam eine Entscheidung zu treffen und schließlich auf das eigene Bauchgefühl zu vertrauen.