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Loslassen

Wir hätten gewarnt sein sollen: Schon das Mutterwerden beginnt mit einem großen, schmerzhaften Loslassen. Während Mütter nach der Geburt noch von Glückshormonen überflutet werden, hinterlässt der Abschied vom weinenden Kind am Kitatörchen aber kein gutes Gefühl mehr. Loslassen wird mit der Zeit also nicht unbedingt einfacher 

Kleinkind steht an den Beinen der Mutter, umfasst die Beine, beide stehen auf einem Feldweg, umgeben von Feldern

Pia Arras-Pretzler

12.03.2025

Lesezeit 3 Minuten

Wann geht es eigentlich los mit dem Loslassen? Wenn dein Baby beim Familienfest von Arm zu Arm weitergereicht wird, damit du in Ruhe essen kannst, empfindest du das vielleicht als Erleichterung. Vielleicht stresst es dich aber auch, und du kannst dein Essen nicht genießen, weil du eigentlich einfach nur dein Kind wiederhaben willst. In dieser kleinen Situation steckt schon ganz viel übers Loslassen, über das es sich nachzudenken lohnt.

Kannst du vertrauen?

Logischerweise wird dein Entspannungsgrad davon abhängen, wer gerade dein Baby auf den Knien schaukelt. Der dreijährige Sohn deiner Schwester oder dein Bruder, selbst Vater und hochbegabter Kinderflüsterer? Wenn du der Person vertraust, die gerade dein Kind bespaßt, kannst du es auch mal aus den Augen lassen und dich auf dein Essen konzentrieren oder eine nette Unterhaltung führen. Wenn du der Person aber nicht vertraust, dann hilft dir auch nicht, dass dein Kind sich in der Situation wohlzufühlen scheint – denn du sorgst dich darum, dass etwas passieren könnte.

Wie geht es deinem Kind in der Situation?

Angenommen, dein Kind ist auf dem Arm von jemandem, dem du vertraust, aber es zeigt sich nicht sonderlich begeistert, was machst du dann? Entweder möchtest du nicht sofort eingreifen, weil du weißt, dass sich dein Kind manchmal ganz gut ablenken lässt. Oder du findest es unangenehm, dass der freundliche Mensch, der dir gerade eine kleine Pause verschaffen will, so ganz ohne Erfolgserlebnis dasteht. Wie auch immer – du schnappst dir dein Kind einfach wieder, sobald du das Gefühl hast, dass es an der Zeit ist, denn ihr sitzt hier ja alle gemütlich im Wohnzimmer. Irgendwann wirst du schon dazu kommen, deinen Nachtisch zu essen.

Geht es gerade nicht anders?

Anders sieht es aus, wenn dein Baby gerade auf Omas Arm quengelt, du aber mit deinem Vierjährigen beschäftigt bist, der gerade den Legoturm des Cousins vernichtet hat, weswegen der Cousin ihn geschubst und vielleicht auch getreten hat, worauf … (du kannst dir die Situation vermutlich ungefähr vorstellen). Du hast das Gefühl, es ist jetzt wichtiger, in die Bauecke Ruhe reinzubringen, da muss dein unglückliches Baby leider durch. Du kannst dich nicht teilen, einer muss warten.

Wie wichtig ist dir, was du gerade machst?

Als Letztes stellen wir uns noch vor, dass dein Baby immer noch quengelt, bei jemandem, dem du vertraust, du aber keine Streithähne zu trennen hast, sondern gerade ein sehr gutes Gespräch mit jemandem führst, den du lange nicht gesehen hast. Oder, etwas profaner, einen Mordshunger hast und endlich etwas essen möchtest. In einer solchen Situation überlegst du dir vermutlich, dass deine Bedürfnisse jetzt vorgehen. Zehn Minuten müssen drin sein, denkst du dir, denn das Gespräch ist dir wichtig. Oder der Hunger groß.

Aber …

So eine kleine Sache lässt sich aber doch nicht mit den großen Themen vergleichen, oder? Sein Kind in der Kita zurückzulassen, obwohl es protestiert. Es inmitten all dieser anderen i-Dötzchen in den Klassenraum davonziehen zu sehen. Es tatsächlich mit seiner Laufgruppe allein den Schulweg meistern zu lassen, oder später mit Bus und Bahn zur weiterführenden Schule. Mit Freunden am Abend weggehen. Und schließlich: ausziehen, womöglich in eine andere Stadt. Entlang der vier Fragen von oben kann es dir aber gelingen, die jeweilige Situation zu analysieren und für dich besser einzuschätzen.

Wo ist das Problem?

Vielleicht stellst du beim Thema Kita fest: Du hast Sorge, dass die Erzieher:innen in der Kita nicht genügend auf dein Kind eingehen. Dafür spricht, dass es im Moment nur ungern in die Kita geht. Es gibt aber keine echte Alternative, es war schwer genug, einen Platz zu ergattern. Und du hast dich gefreut, in deinen Job zurückzukehren. Du erkennst also, deine Baustellen liegen im Bereich Vertrauen und Verhalten des Kindes. Damit kannst du arbeiten, denn dir wird klar, dass du auf keinen Fall noch länger auf deinen Beruf verzichten möchtest. Allein die Tatsache, dass du dir bewusst gemacht hast, welcher Bereich gestärkt und „repariert“ werden muss, und was nicht verhandelbar ist, bringt dich schon einen Schritt weiter. Und erleichtert dir das Loslassen.

Und noch ein Beispiel

Später, nach der Pubertät, könnte eine Analyse wie folgt aussehen: Du traust deinem Kind durchaus zu, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Es scheint damit auch hochzufrieden. Ob es Alternativen gibt, lässt sich schwer sagen – ihr habt verschiedenste Möglichkeiten besprochen, das Kind bleibt aber dabei, es möchte ein Freiwilliges Soziales Jahr am Ende der Welt machen. Um es kurz zu machen: Hier bist du die Baustelle, denn nachdem du eingesehen hast, dass du dein Kind mit nichts umstimmen kannst, bleibst du im leeren Nest zurück. Deshalb kannst du nur an einem Aspekt drehen: Wie wichtig ist dir, was du gerade machst? Loslassen tut weh, aber sich zur Ablenkung auf etwas Neues, Spannendes, Nützliches, Schönes einzulassen, könnte dir in diesem Fall helfen.

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