Die Iniatorin Natascha Sagorski ist sich nach der großen überparteilichen Einigkeit bei der ersten Lesung im Dezember 2024 sicher, dass das Gesetz nun verabschiedet wird. Alle Fraktionen haben ihre Zustimmung angekündigt. Gab es bei der ersten Lesung noch zwei Gesetzesentwürfe, einen ab der 15. Schwangerschaftswoche von SPD und Grünen und einen ab der 13. Schwangerschaftswoche von der Union, so haben sich die Abgeordneten nun fraktionsübergreifend auf die 13. Schwangerschaftswoche geeinigt. Dieser geht nun in die dritte Lesung.
Natascha Sagorski kämpft unermüdlich
Vor fast genau drei Jahren startete die Betroffene Natascha Sagorski ihre Petition für einen gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten und kämpft seitdem unermüdlich für eine Umsetzung. Sagorski erlitt selbst eine Fehlgeburt und bekam von der behandelnden Ärztin statt einer Krankschreibung die Aufforderung am nächsten Tag wieder arbeiten zu gehen. Seit 2022 setzt sich die Autorin und zweifache Mutter nun für eine Gesetzesänderung ein, sprach mehrfach im Bundestag und in verschiedenen Landesparlamenten, war sehr präsent in den bundesweiten Medien, startete die Kampagne „Leere Wiege – Volle Arbeitskraft“ und platzierte eine 2,5 Meter hohe leere Wiege vor dem Bundestag, zog mit anderen Frauen vors Bundesverfassungsgericht und fuhr monatlich von München nach Berlin. Trotz des Regierung-Aus ließ Sagorski nicht locker und konnte letztendlich alle demokratischen Parteien von einem Ja zum gestaffelten Mutterschutz überzeugen. Entgegen aller Wahrscheinlichkeiten geht das Gesetz am 31. Januar in die dritte Lesung.
Warum ein Gestaffelter Mutterschutz?
Aktuell steht Frauen nach Fehlgeburten vor der 24. Schwangerschafts-Woche kein Mutterschutz zu. Ob und in welcher Form eine Krankschreibung der Frauen nach einer Fehlgeburt stattfindet, liegt im Ermessen des/der betreuenden Arztes/Ärztin, nicht immer wird eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung ausgestellt. Dieser Umstand belastet die Betroffenen oft zusätzlich. In vielen Fällen wird nicht berücksichtigt, dass auch im Falle von Fehlgeburten ein sogenanntes kleines Wochenbett (mindestens zwei Wochen freiwilliger Mutterschutz) notwendig ist. Den Betroffenen wird suggeriert, dass sie schnell wieder „funktionieren“ sollen, weswegen etliche Frauen sich nicht trauen, Zeit für ihre Trauer einzufordern. Bei circa 60 Prozent der Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, treten Depressionen auf, was zu langen Arbeitsausfällen und hohen Kosten führt. Laut Berechnungen von IKK e. V. liegen die Gesamtmehrkosten für einen gestaffelten Mutterschutz dagegen nur im niedrigen zweistelligen Millionenbereich – ein Konzept also mit geringen Kosten und großer Wirkung.
Eine Fehlgeburt bedeutet: Scham, Trauer, Schmerzen
Natascha Sagorski hat selbst eine Fehlgeburt erlebt und sollte am nächsten Tag wieder arbeiten gehen. Wie viele andere Frauen weiß sie, was eine Fehlgeburt bedeutet: Scham, Trauer, Schmerzen. „Fast niemand weiß, dass viele Frauen nach einer Fehlgeburt nicht automatisch krankgeschrieben werden.“ Hier liegt ein strukturelles Problem, eine Gesetzeslücke, über die bislang niemand gesprochen hat. Denn viele Betroffene bekommen keine oder nur eine zu kurze Krankschreibung, so Sagorski und führt aus, warum ein früher ansetzender Gestaffelter Mutterschutz sinnvoll wäre: „Aktuell ist es so: Eine Frau, die ihr Kind am letzten Tag der 23. Schwangerschaftswoche verliert, erhält 0 Tage Mutterschutz. Verliert sie ihr Kind nur 24 Stunden später, am ersten Tag der 24. Woche, stehen ihr 18 Wochen Mutterschutz zu. Diese harte Grenze ist hochgradig unfair und medizinisch sinnlos. Aber so lautet das geltende Recht momentan und das wollen wir ändern.“