Jessica ist aus eigenem Entschluss heraus alleine mit ihren Kindern. Der Vater der Kinder hat keinen Kontakt mehr zu ihnen. Nachdem sie ein paar Jahre in der Nähe des Vaters geblieben ist, merkte sie, dass das auch nichts an dem Interesse und Verhältnis verändert, und entschloss sich, für sich und die Kinder einen Neuanfang zu starten, und zog nach Düsseldorf. Ihre Eltern sind verstorben, die Schwiegereltern sind auf Wunsch des Vaters hin eher zurückhaltend mit der Kontaktaufnahme. „Ich bin wirklich vollkommen alleinerziehend. Ohne Partner und ohne familiäre Anbindung. Aber zum Glück haben wir viele Freunde in Düsseldorf“, erzählt Jessica.
Zu wenig Berücksichtigung
Ihr war es wichtig, dieses Interview zu führen, weil Alleinerziehende ihrer Meinung nach deutlich zu wenig Berücksichtigung in politischen Entscheidungen finden. „Ich werde bei der Steuer zum Beispiel ähnlich berücksichtigt wie ein verheiratetes Paar, was Unsinn ist, denn ich habe ja niemanden, mit dem ich mir die Kosten teile.“ Kinderkrankentage bekommt sie auch nicht, weil sie als verbeamtete Lehrerin in der privaten Krankenversicherung sein muss. Es gibt einen Sonderurlaub, aber der reicht für zwei Kinder bei Weitem nicht aus. „Ich fände es zum Beispiel auch wichtig, dass bei Angeboten wie den Düsselferien die Plätze für diejenigen, die einen wirklichen Betreuungsbedarf haben, einen Tag vorher freigeschaltet werden. Übrigens macht es meiner Meinung nach da auch einen Unterschied, ob der alleinerziehende Elternteil wieder mit einem Partner zusammenlebt.“ Auf die Frage hin, ob sie mal das Bedürfnis hatte, einen neuen Partner zu haben, erklärt Jessica: „Wir haben hier zu dritt ein gut funktionierendes System. Wenn da jetzt jemand von außen reinkommt, dann ist das erst einmal ein Störfaktor. Es bräuchte Zeit und Energie, einen Partner in diese Familie zu integrieren, und beides habe ich gerade einfach nicht über.“ Dann erzählt Jessica, wie kräftezehrend es ist, sich alleine um alles zu kümmern. Angebote wie Gesprächskreise für Alleinerziehende sind für sie undenkbar, denn sie hat keine freie Minute. Arbeit, Mittagessen, Hausaufgaben, Nachmittagsaktivitäten, Haushalt und alles, was sonst noch dazugehört. Jeden Monat die Hoffnung, dass alles läuft. Es ist keine Zeit zum Krankwerden, denn dann ist da keiner, der sich kümmert. „Oft merke ich eine große Erschöpfung. Aber dann heißt es, nicht lange drüber nachdenken und weitermachen. Manchmal habe ich das Gefühl, noch nicht einmal in Ruhe atmen zu können.“ Dennoch ist Jessica davon überzeugt, vor zehn Jahren die richtige Entscheidung getroffen zu haben: „Das hat ja auch etwas mit Authentizität zu tun. Mir war dabei ganz wichtig, was ich meinen Kindern vorlebe. Ich wollte, dass sie sehen, dass man eben nicht in einer Situation verharren muss, in der man dauerhaft unglücklich ist.“