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Himbeerkuchen für alle – keine Angst vor Raspberry Pi!

Tobias Hübner im Netz zu finden ist sehr einfach. Auf der Suche nach einem Gesprächspartner zum Thema Digitalisierung stoße ich schnell auf ein Interview mit dem engagierten Lehrer des Luisen-Gymnasiums, der im Moment in Elternzeit ist – bereits zum zweiten Mal. Im echten Leben verirre ich mich mit dem Rad auf dem Weg zu seiner Wohnung in Heerdt, weil mich die Auf- und Abfahrten der Brüsseler Straße verwirren. Aber schließlich bin ich da. Unser Fotograf Andreas Endermann und Tobias Hübner haben sich bereits auf ein Fotomotiv geeinigt – vor dem Computer, in der Hand einen selbst gebauten Joystick, daneben steht ein alter Apple II aus den 80ern, den ich für eine alte Schreibmaschine halte.

Tobias Hübner sitzt im Büro

Pia Arras-Pretzler

29.06.2022

Lesezeit 2 Minuten

Die kleine Mina (3 Monate) liegt in ihrem Babybettchen und lässt sich zunächst noch von ihrem Schlafhäschen ablenken, das ihr „Der Mond ist aufgegangen“ vorspielt. Hübner stammt aus der VW-Stadt Wolfsburg. Sein Vater arbeitete dort als Ingenieur. Die Familie ist in der katholischen Gemeinde sehr engagiert, und weil sich Hübner schon als Jugendlicher für Literatur interessiert, studiert er Germanistik und Theologie in Münster. Dazu kombiniert er Medienpädagogik und erkennt für sich, dass Gesellschaft und Schule in diesem Bereich dringend Unterstützung brauchen: „Was nach dem Amoklauf in der Schule in Erfurt 2002 auch in den großen Zeitungen wie SZ und FAZ zu lesen war, deckte sich so gar nicht mit der Realität von Jugendlichen und meinen Erfahrungen mit den Neuen Medien. Da wurde generell verteufelt. Auch Bücher wie Spitzers ‚Vorsicht Bildschirm‘ schlugen in diese Kerbe.“ Von Anfang an ist Hübner jemand, der Dinge ausprobiert und seine Erfahrungen mit anderen teilt. So sammelt sich im Lauf der Zeit auf seinem Blog medienistik.de eine eindrucksvolle Zahl an freien Lernmaterialien, sogenannten Open Educational Resources (OER), Texten und Videos. Als er am St.-Georg-Gymnasium in Bocholt die Computer-AG übernimmt, beschließt er, das Geld, das er für den Kurs bekommt, in kleine, günstige „Rohcomputer“ umzusetzen. So ein Raspberry Pi kostet um die 40 Euro, wurde von einer gemeinnützigen Organisation in England entwickelt und ist inzwischen der meistverkaufte Computer der Welt – und das genaue Gegenteil eines iPads, das nur mit anderen Apple-Geräten „spricht“ und sich kein bisschen in die Karten schauen lässt. Tobias Hübner zeigt mir begeistert einige Anwendungen und ich frage mich, wie man diese rohe Platine dazu bringen kann, sich nur ansatzweise wie ein Computer zu benehmen. Hübner machte sich damals mit seinen Schüler*innen gemeinsam auf den Weg und baute zunächst einfache Schalter. „Im Grund lässt sich damit aber jede Elektronik ansteuern.“

Ich möchte bei den Jugendlichen Denkprozesse in Gang setzen, sie dazu ermächtigen, in der digitalen Welt von Konsumierenden zu Produzierenden zu werden.

Tobias Hübner

So versucht er, neugierig auf komplexere Anwendungen zu machen und dabei das notwendige Handwerkszeug zu vermitteln. Computerspiele integriert er in seinen Unterricht: In Deutsch programmieren Schüler*innen ihr Lieblingsbuch als Spiel, die Form des Dramas lässt sich hervorragend über die Story eines Spiels vermitteln. So sensibilisiert er seine Schüler auch für die Mechanismen, die Spiele so faszinierend machen. Dieser ganzheitliche Zugang für alle Unterrichtsfächer ist seit 2020 erwünscht und gesetzlich verankert, im „Medienkompetenzrahmen“ von NRW. Seit Corona muss Hübner auch nicht mehr über Sinn und Unsinn von Computern im Unterricht diskutieren. „Vieles ging da auf einmal ganz schnell, zum Teil zu schnell – die großflächige Anschaffung von iPads etwa wurde nicht lang diskutiert.“ Hübner selbst arbeitet mit dem, was er vorfindet. „Wenn ich nächstes Jahr wieder eine fünfte Klasse übernehme, werde ich vielleicht erst mal lesen und schreiben üben müssen, nachdem den Kindern praktisch zwei Jahre Schulunterricht fehlen. Aber wenn jeder Lehrer in seinem Fach pro Jahr im weitesten Sinn ein Computer-Projekt einbauen könnte, wäre damit schon unglaublich viel erreicht.“ Wer dafür Hilfe braucht: Hübner ist Teil des Kompetenzteams NRW, eines Angebots des Landes zur Lehrerfortbildung.

 

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