Schon vor der Geburt ihres Sohnes stand für Lea fest, dass ihr Grundsatz, nachhaltig zu leben, nicht an dem Gebrauch von Fertigwindeln scheitern sollte. „Das ist etwas, das 2023 einfach nicht mehr geht, für uns nicht und für niemanden. Mein Freund und ich wollten weder uns selbst noch die Zukunft unseres Sohnes, einfach aller Kinder, mit der Nutzung von so vielen Wegwerf-Produkten belasten. Plastikwindeln sind keine alternativlose Variante“, da ist sich die junge Mutter sicher. Denn es werde weltweit tagtäglich ein unfassbarer Müllberg produziert, so Lea, bei dem es sich praktisch um Sondermüll handele, da in den auf dem Markt erhältlichen Windeln so viele unterschiedliche Materialschichten enthalten seien. So setzt die 36-Jährige seit über einem Jahr die Idee von „Windelfrei“ in die Praxis um – und sie ist begeistert.
Gut beraten
Mit fachlichem Rat und praktischen Tipps begleitet sie dabei die Windelberaterin, Maia Kessler, die gleichzeitig eine Freundin aus Kindertagen ist. Diese betont im Gespräch erst mal weniger praktisch-funktionale Aspekte als vielmehr die emotionale Ebene: „Der Ausscheidungsvorgang ist als ein Grundbedürfnis anzusehen wie Kuscheln und Liebe. Dafür gibt es das Fachwort Elimination Communication, das sinngemäß bedeutet, dass das Baby seine Ausscheidung sozusagen ankündigt, was eine sensible Kommunikation voraussetzt und stärkt. Dieser Prozess gehört zur Grundkommunika-tionsbasis, Eltern nehmen die Bedürfnisse ihres Nachwuchses achtsam wahr.“
Schreien, um nicht in die Windel zu machen
Maia Kessler, selbst Mutter von zwei kleinen Kindern, hat bei Rita Messmer, die das Konzept „Windelfrei“ in der Schweiz und Europa bekannt gemacht hat, eine halbjährige Ausbildung für nachhaltiges und natürliches Wickeln mit Abschlussprüfung abgelegt. Zu den Lerninhalten gehört es, die Zeichen der Säuglinge zu verstehen: mit Meckern, Strampeln oder einem in sich gekehrten Blick würden sie signalisieren, dass sie mal müssten. Maia Kessler berichtet mit Begeisterung und Idealismus über Theorie und Praxiserfahrungen: „Schon Neugeborene sind in der Lage, zu kommunizieren, bevor es losgeht und ,warten‘ auf das Töpfchen, denn sie haben den Instinkt, sich nicht beschmutzen zu wollen. Ich selbst habe meine Kinder zu 100 Prozent abgehalten, das hat gut funktioniert.“ Das legt die Schlussfolgerung nahe, dass Babys nicht, wie gemeinhin gedacht, im Nachhinein schreien, wenn die Windel voll ist, sondern im Gegenteil zuvor, weil sie genau das vermeiden wollen.