KreativitĂ€t ist die FĂ€higkeit, etwas zu erschaffen, was neu oder originell und dabei nĂŒtzlich oder brauchbar ist. FĂŒr die zukĂŒnftige Welt unserer Kinder ist die FĂ€higkeit kreativ zu denken wichtig. Noch befinden wir uns am Anfang im Zeitalter der KĂŒnstlichen Intelligenz (KI). Immer weiter entwickelt sich die KI in allen Bereichen des Lebens. Die neue Generation kann davon profitieren unabhĂ€ngig bzw. neben Datenmengen und Algorithmen Probleme anzugehen. Sprich die KI nutzen, sie richtig lenken und Dinge immer wieder hinterfragen. Zu Hause fing KI an mit: âAlexa: Spiel mir Lemon Tree der Beatlesâ. Inzwischen kann man bereits einen astreinen letzten Beatles-Song hören, der vollstĂ€ndig mit KI erstellt ist. Im Arbeitsleben ist KI auch omniprĂ€sent. Juristische HilfskrĂ€fte oder Steuerberater fragen sich schon lĂ€nger: wie lange habe ich noch meinen Job? Relativ sicher gelten noch Berufe, die hohes abstraktes Denkvermögen verlangen. Berufe, in denen Menschen Entscheidungen treffen und dafĂŒr Optionen gegeneinander abwĂ€gen mĂŒssen. Berufe, bei denen es um Entwicklung und Innovation geht, seien weniger bedroht. Dort wo Fragen gestellt und Dinge hinterfragt werden. KreativitĂ€t ist also mehr wert denn je. Es wird immer Menschen brauchen, die Fragen proaktiv stellen zur VerĂ€nderung der Welt und nicht nur zur Optimierung dieserâ und zwar mit einer persönlichen oder gesellschaftlichen Absicht dahinter. Diese Kunst zu hinterfragen ist umso wichtiger, je digitaler unsere Welt wird, findet Neurowissenschaftler und KreativitĂ€tsforscher Henning Beck.?
Wie und wann entsteht eigentlich die KreativitÀt?
Zur Ideenfindung braucht es ein Wechselspiel zwischen Bereichen im vorderen Teil des Gehirns, die fĂŒr Konzentration und Aufmerksamkeit zustĂ€ndig sind, und Arealen im hinteren Bereich, die immer dann aktiv sind, wenn wir abschweifen. Das Default-Mode-Netzwerk ist dann aktiv, wenn wir gedanklich umherwandern. Das Kontroll- und Entscheidungsnetzwerk arbeitet, wenn wir voll konzentriert sind. Die zĂŒndende Idee entsteht immer aus einem Wechsel aus Abschweifen und Fokussieren. Dabei bringt das Gehirn beim TagtrĂ€umen erst jede Menge, teils abwegiger Ideen hervor, die dann durch das Kontrollzentrum auf ihre Brauchbarkeit hin ĂŒberprĂŒft werden. KreativitĂ€t entwickelt sich laut Henning Beck zusammenhĂ€ngend mit dem Bewusstsein. Wenn ein Kind sich selbst bewusst ist und aktiv Entscheidungen trifft, kann KreativitĂ€t entdeckt und gefördert werden. Die bewusste Willensentscheidungen ist also Grundlage dafĂŒr als kleines Kind kreative Ideen zu entwickeln. Heute neigen wir schnell dazu zu digitalen Helfern wie Google, Chatbot oder Alexa zu greifen. Beck betont, dass diese Hilfsmittel als Assistenz gut sind, aber sobald sie uns daran hindern selbststĂ€ndig zu denken, ist es gefĂ€hrlich. Wir Erwachsene sind tatsĂ€chlich nicht die idealen Vorbilder. Sofort fragen wir Google. Besser ist es die Kinder an unserem Denkprozess teilhaben zu lassen. Und ein wichtiger Tipp von Beck: die Kinder zum Hinterfragen und Nachdenken animieren. Warum macht der Maulwurf einen HĂŒgel? Diese Frage kannst Du wunderbar zurĂŒckgeben, anstatt direkt eine Antwort zu liefern. Am Ende sollte das Kind Bescheid wissen, aber den Prozess dahin kann man ganz wunderbar gemeinsam gestalten. Â
Fantasie und komplexes Denken
Fantasie und KreativitĂ€t sind nicht zu verwechseln, laut Beck. Mit KreativitĂ€t werden neuartige Lösungswege aufgezeigt und klassische Lösungswege umgangen. Kreativer Fortschritt entsteht durch Regelbruch. DafĂŒr muss aber zunĂ€chst ein Problem in seiner Vielschichtigkeit verstanden werden. Kinder durchdringen eine komplexe Aufgabe noch nicht in dem MaĂe, wie die Erwachsenen es tun. Dennoch kann den Erwachsenen der Blick eines Kindes auf ein hochkomplexes Problem sogar in bestimmten FĂ€llen helfen, da sie noch einen grenzenlosen, unreflektierten Blickwinkel ohne jegliche Bewertung haben. Komplexe Denken und eigenstĂ€ndig Problemlösungsstrategien werden in der Grundschule nach und nach erlernt und gefördert. Aus evolutionĂ€rer Sicht und somit hirnphysiologisch ist dieses komplexe Denken erst in der neueren Zeit so wichtig geworden. FrĂŒher ging es um reine Tat-Folge-ZusammenhĂ€nge. Ein Tier greift an, der Mensch rennt weg. Wer keine VorrĂ€te anlegt, hungert im Winter. Gerade in Bezug auf globale Problemlagen sind aber die unmittelbaren Tat-Folge-ZusammenhĂ€nge hinfĂ€llig. Ein komplexeres Denken musste stattfinden. Kinder im Grundschulalter sind bereits in der Lage die Vielschichtigkeit komplexer Themen zu erkennen, verschiedene Perspektiven auf ein Thema nachzuvollziehen und miteinander in Beziehung zu setzen â und so möglicherweise differenzierte Lösungen fĂŒr mehrdimensionale Probleme zu entwickeln. Wenn im Regenwald BĂ€ume abgeholzt werden, liegt das unmittelbar im Interesse von Umsatzinteressen von Konzernen wĂ€hrend die langfristigen negativen Folgen fĂŒr Klima und Ăkologie nicht sofort greifbar sind. Solche Themen besprechen die Kinder bereits in der Grundschule im Sachunterricht, sprich ab dem 6. Lebensjahr.
KreativitÀt fördern in der Schule und zu Hause
Den Kindern in der Schule soll viel Wissen vermittelt werden, auf das sie zurĂŒckgreifen können. KreativitĂ€t ist eine Neuformierung von vorhandenen Informationen. Die Ideen, aus denen das Gehirn auswĂ€hlt, mĂŒssen ja irgendwo herkommen. Und auch die Auswahl durch das Kontrollnetzwerk basiert auf vorhandenem Wissen. Eine druckfreie Umgebung fördert KreativitĂ€t. Stehen wir unter Stress, schaltet unser Gehirn in den Notfallmodus: Es gilt dann möglichst keinen Fehler zu machen. Das Kind soll sich sicher und wertgeschĂ€tzt fĂŒhlen, sonst wird es kaum kreativ werden. In der Schule soll eine gute Fehlerkultur herrschen. Des Weiteren ist das Anbieten von Materialien und sinnlichen Anregungen wichtig um Begeisterung zu wecken. Der Einsatz verschiedenster Materialien, GerĂŒche, Töne, Medien soll die Bandbreite aller Sinne stimulieren und somit jede:n Einzelne:n erreichen.
Und wie können wir die KreativitÀt der Kinder als Eltern fördern?
Genauso wie in der Schule. Ein druck- und wertfreier Raum, Anregungen, Input und Freiraum schaffen. Die Tendenz der Eltern möglichst viele FreizeitaktivitĂ€ten fĂŒr ihre Kinder zu organisieren, kann man hĂ€ufig beobachten. Sportliche und musikalische Hobbys, die sich mit Verabredungen mit Freunden innerhalb einer Woche abwechseln.  Damit aber kreatives Spiel entstehen kann, brauchen Kinder Freiraum. Keinen Zeitdruck, keine Vorgaben und schon kann ein Bett als Segelschiff umdefiniert werden. Raum fĂŒr Langeweile ist wichtig fĂŒr die kreative Entfaltung. Wenn Kinder spielen, erleben wir sie oft im âTĂ€tigkeitsrauschâ, im sogenannten Flow. Dieser der Psychologie entlehnte Begriff bezeichnet das als beglĂŒckend erlebte GefĂŒhl eines mentalen Zustandes restlosen Aufgehens in einer TĂ€tigkeit. Wir alle kennen den Zustand, wenn wir vollstĂ€ndig in etwas vertieft sind, Zeit und Raum und das gesamte Drumherum vergessen. Im Flow sein ist ein Zustand, bei dem hĂ€ufig kreative Ergebnisse entstehen. Kinder haben hĂ€ufig diese ZustĂ€nde. Das liegt auch daran, dass sie viel AktivitĂ€ten machen, die zu einem konkreten Ergebnis fĂŒhren, wie beim Basteln und Bauen. Das Schöne bei diesem TĂ€tigkeitsrausch der Kinder ist â sie sind frei von Bewertungen. Es ist an dieser Stelle wichtig, die Kinder einfach mal sein zu lassen und uns mit unseren Bewertungen und Ideen zurĂŒckzunehmen. Und wie oben erwĂ€hnt, eine gestellte Frage des Kindes einfach mal zurĂŒckgeben und uns von den einzigartigen Antworten ĂŒberraschen lassen.