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Herzenssache Knotenlösen

Lerntherapeutin Anja Dreßler hat nicht nur jede Menge Zertifikate, sondern auch jahrelange Erfahrung im Umgang mit Kindern und Jugendlichen vorzuweisen, damit der Knoten platzt.

Frau mit auffälliger Brille lacht in die Kamera, im Hintergrund ein White Board

Pia Arras-Pretzler

03.01.2023

Lesezeit 2 Minuten

Ich treffe Anja Dreßler beim Spaziergang mit ihrer alten Hündin Lore. Lore wie Lore-Agnes-Haus, eine Einrichtung der Awo für psychisch erkrankte alte Menschen, denn Anja hat dort 17 Jahre als Sozialpädagogin gearbeitet. Als eines Tages beschlossen wurde, dass ein Therapiehund doch eine gute Sache sei, wurde ebenso beschlossen, dass Anja für ihn verantwortlich sein würde. Anja hatte bis dahin nicht viel mit Hunden am Hut, aber sie ist an ihren Aufgaben und ihrer Lore gewachsen. Sie nahm die Hündin später auch mit, als sie mit Mann Rainer und Tochter Anna unter dem Schirm der Awo eine Familienwohngruppe gründete, um fünf Kindern ein Zuhause zu bieten. Sieben Jahre lang steckten Anja und Rainer Dreßler all ihre Kraft in dieses Projekt, von dem sie sich schlussendlich verabschieden mussten, bevor sie zwischen den eigenen Ansprüchen und der schwierigen Zusammenarbeit mit dem Träger völlig aufgerieben wurden. Lore ist aber immer noch da, und Anja Dreßler hat sich in der Zwischenzeit ein neues Betätigungsfeld gesucht. Das ging nicht von heute auf morgen, denn nach dem Bruch mit ihrem langjährigen Arbeitgeber musste Anja erst wieder auf die Beine kommen: „Ich hatte nicht nur den Abschied von meinen Schützlingen zu verkraften, wir saßen dazu von heute auf morgen auf der Straße, denn wir hatten in dem Haus der Wohngruppe gewohnt und unsere eigene Wohnung aufgegeben.“ Die Familie kam für den Übergang in der Wohnung eines Freundes unter und Anja versuchte, einen Weg aus ihrem tiefen Tal zu finden. Buchstäblich. „Lore und ich sind damals lange durch die Gegend spaziert. Wenn es ihr gereicht hat, blieb sie an einer Straßenbahnhaltestelle sitzen“, lacht Anja. Anja landete schließlich als sozialpädagogische Fachkraft an der Grundschule St. Apollinaris in Holthausen. Dort traf sie auf eine Kollegin, deren ganzheitlicher und empathischer Zugang Anjas Bild von der Förderarbeit mit Kindern nachhaltig geprägt hat. Kollegin Agnes ermutigte Anja, sich eine lerntherapeutische Weiterbildung zu gönnen.

Wenn sich festgefahrene Denkmuster lösen, dann wandelt sich Stillstand in Lebendigkeit.

Anja Dreßler

Drei Jahre lang – unterbrochen durch Corona-bedingte Online-Phasen – fuhr Anja immer wieder zu Modulen des Hamburger Instituts „Kreisel e. V.  ... für das Leben mit Kindern“. Die Ausbildung weitete Anja Dreßlers Blick und stärkte sie in ihrer Arbeit an der Schule, die sie als sehr positiv erlebt: „Ich schätze den Schulleiter sowie das erweiterte Leitungsteam sehr. Ressourcen und Potenziale werden gewürdigt und können unter diesem wohlwollenden Blick weiter wachsen. Ich habe recht bald gemerkt, dass es mir ein Herzensanliegen ist, für Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien da zu sein und ihnen professionelle Hilfe anzubieten.“ Nach Abschluss ihrer Ausbildung und Zertifizierung durch den Fachverband für integratives Lernen zur Lerntherapeutin sprang Anja Dreßler im Januar 2022 ins kalte Wasser und mietete sich in Holthausen in die Praxisgemeinschaft Sprachgewandt & Co. ein: „Sich offiziell als Lerntherapeutin zu melden, war furchtbar viel Papierkram – ich bin froh, dass ich das hinter mir habe. Jetzt würde ich nur noch gern die Anerkennung vom Jugendamt bekommen, denn dann hätten Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung die Möglichkeit auf Kostenübernahme – laut §35a SGB VIII Eingliederungshilfe“, fügt Anja hinzu, die ihr Handwerk in allen Facetten beherrscht. Als Lerntherapeutin sieht sie ihre Aufgabe darin, die Freude am Lernen zu wecken und dabei Ressourcen und Potenziale in den Vordergrund zu rücken. „Konkret geht es um Legasthenie/Lese-Rechtschreib-Störungen und/oder Dyskalkulie/Rechenstörungen, aber zusätzlich um emotionale Stärkung und darum, Wege aus verfahrenen Situationen in der Schule und in der Familie zu finden.“ Dafür nimmt Anja Dreßler das gesamte Umfeld eines Kindes in den Blick – neben Familie und Schule auch Freunde, Sozialarbeiter, Betreuer … Ihr Ziel ist es, ganzheitliche Bewältigungsstrategien zu vermitteln, die nachhaltig wirken und neue Ressourcen erschließen. Im November hat die Lerntherapeutin zudem mit einer Lerncoaching-Ausbildung begonnen, um den Fragen der Eltern noch besser gerecht werden zu können. Weggefährtin Lore beobachtet Anja Dreßlers Tatendrang mit distanziertem Wohlwollen: Sie ist zufrieden, wenn Anja zufrieden ist. Und das scheint gerade durchaus der Fall zu sein.

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