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Dem Körper vertrauen

Die Zeiten, in denen das Klinikpersonal bestimmt, wie eine Geburt abzulaufen hat, ohne  dass die Vorstellungen der Schwangeren beachtet werden, sollten ein für alle Mal vorbei sein. Ihr könnt selbst bestimmen, wie und wo ihr euer Baby auf die Welt bringen möchtet. Dafür ist es wichtig, dass ihr für eure Vorstellungen eintretet. 

Mutter liegt mit neugeborenem Baby in einer Geburtswanne

Eva Rüther

14.05.2024

Lesezeit 3 Minuten

Der Weg hin zur selbstbestimmten Geburt beginnt schon in den Vorbereitungskursen, die in der Regel von Hebammen geleitet werden. Hier geht es auch darum aufzuklären, welche unterschiedlichen Möglichkeiten es gibt, das Kind zur gebären und welche Rolle der:die Partner:in dabei spielen kann. Ein besonderer Fokus auf die selbstbestimmte Geburt wird zum Beispiel in HypnoBirthing-Kursen gelegt. „Die Frauen lernen, sich selbst in einen Zustand zu versetzen, der gerade in der Zeit zwischen den Wehen für Tiefenentspannung sorgt“, erklärt Anika Lysko-Krecklau. Sie leitet seit zehn Jahren HypnoBirthing-Kurse. „Ich gebe den Paaren sozusagen ein Werkzeugköfferchen mit, aus dem sie sich die für sie passende Technik herausnehmen können, um in diese tiefe Entspannung zu gehen.“ Der Person, die die Frau während der Geburt begleitet, wird in den Kursen eine besondere Bedeutung beigemessen: „Geburtsbegleiter:innen haben die Aufgabe, sowohl einen kühlen Kopf zu bewahren und mit dem medizinischen Personal zu sprechen als auch emotional zu unterstützen. So kann die werdende Mutter sich wirklich nur auf sich und die Geburt konzentrieren.“ Ziel ist es, der Mutter auf diese Weise im Geburtsprozess innerlichen Halt und Ruhe zu geben, um sie auf ihrem Weg der selbstbestimmten Geburt zu bestärken.

Selbstbestimmte Klinikgeburt

Auch um andere Fragen geht es in einem Geburtsvorbereitungskurs – zum Beispiel: Wo möchten wir unser Baby zur Welt bringen? „Die Pflicht, im Krankenhaus zu entbinden, gibt es ja in Deutschland nicht. So können die Eltern ganz frei und selbstbestimmt entscheiden – vielleicht möchten sie in einem Geburtshaus entbinden, zu Hause oder doch lieber in einem Krankenhaus“, erzählt Stephan Ganz, Chefarzt der Gynäkologie im Helios-Klinikum. Wer sich für die Geburt in einem Klinikum entscheidet, findet nicht mehr weiß geflieste Kreißsäle, sondern farblich schön gestaltete Räume mit der Möglichkeit, die eigene Musik abzuspielen und verschiedenen Bewegungsmöglichkeiten. Manche schwangeren Frauen nutzen innerhalb des Krankenhauses das Konzept des sogenannten „hebammengeleiteten Kreißsaals“. Dabei wird eine Schwangere ohne den Kontakt zu einem Arzt oder einer Ärztin durchgehend von einer Hebamme begleitet. Nur wenn es zu Komplikationen kommt, wird ein:e Mediziner:in dazugeholt. Das gibt viel Sicherheit. Die Hebammen entscheiden gemeinsam mit der werdenden Mutter, welche Lage sinnvoll ist, ob vielleicht Akupunktur, bestimmte Düfte, die Geburtswanne, die es in vielen Krankenhäusern gibt, oder Bewegung Erleichterung während der Wehen bringen könnte.

Geburtsplan

Viele Paare kommen mit einem Geburtsplan in die Klinik. „Hier sind die Wünsche aufgeschrieben, wer zum Beispiel in den Kreißsaal kommen darf, oder welche Schmerzmittel unter der Geburt gewünscht werden, wie zum Beispiel eine PDA“, weiß Stephan Ganz aus Erfahrung. „Ich finde sehr gut und wichtig, dass sich das Paar Gedanken über den Verlauf und die eigenen Vorstellungen macht. Doch halte ich es für ebenso wichtig, auch offen zu sein für Planänderungen.“ Bei Blutungen, schlechten Herztönen des Kindes oder anderen Komplikationen können die passenden Wünsche vielleicht nicht umgesetzt werden. „Schließlich wollen wir, dass eine gesunde Mutter mit einem gesunden Baby das Klinikum verlässt“, betont Stephan Ganz weiter. Grundsätzlich arbeiten Krankenhäuser auch mit Beleghebammen zusammen; so kann sich die Mutter mit einer vertrauten Person umgeben, was zu einer besonderen Wohlfühlatmosphäre beiträgt.

Selbstbewusst in die Hausgeburt

Während sie in den Niederlanden üblich ist, wird sie hierzulande manchmal noch als Luxus oder gar als unnötiges Risiko gesehen. Fakt ist: Eine Hausgeburt kann etwas Wunderbares sein und birgt meist kein höheres Risiko als eine Klinikgeburt. Es ist vor allem die ganz vertraute Umgebung, die Paare dazu motiviert, das Kind zu Hause zu gebären. Miriam Janssen ist Hebamme im Geburtshaus, arbeitet aber auch als Beleghebamme und führt Hausgeburten durch. Im Gespräch erzählt sie, was bei einer Hausgeburt wichtig ist und wo eventuelle Risiken liegen: „In einem ersten Gespräch kläre ich zunächst einmal, ob für die Mutter eine Hausgeburt in Frage kommt. Denn beispielsweise Zwillingsgeburten, ein erhöhter BMI-Wert über 35 oder Schwierigkeiten mit der Blutgerinnung gehören zu den Faktoren, die eine Geburt zu Hause ausschließen.“  Wenn alles in Ordnung ist, begleitet Miriam die Schwangerschaft und erklärt auch, was passiert, wenn sie selbst erkrankt oder im Urlaub ist. Es werden die Verträge gemacht und Verlegungsgründe in die Klinik besprochen. Drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin ist die Hebamme dann in Rufbereitschaft. „Dieser Zeitraum ist deshalb so gewählt, weil das Baby dann keine Frühgeburt mehr ist.“ Sollte es nämlich früher kommen, ist eine Hausgeburt ausgeschlossen.

Illustration einer Schwangeren aus einem Strich, farbige Formen im Hintergrund

Starke Sätze

Affirmationen, die ihr verinnerlicht und euch immer wieder aufsagt, können euch unter der Geburt helfen, einen positiven Fokus zu behalten. Solche Sätze für die Geburt können zum Beispiel sein:

Ich vertraue meinem Körper.
Alles ist so, wie es sein soll.
Ich lasse los.
Wir sind geborgen und sicher.

Großes Sicherheitsempfinden

Sobald die Schwangerschaft in vollem Gange ist, kommt Miriam Janssen zu den Eltern nach Hause. „Das Besondere an einer Hausgeburt ist, dass hier eine 1:1-Betreuung in ganz vertrauter Umgebung stattfinden kann. Es gibt keinen Schichtwechsel, und ich muss auch nicht auf andere schwangere Frauen achten. Dadurch haben die Eltern ein ganz großes Sicherheitsempfinden.“ Manche Eltern haben sich eine aufblasbare Geburtswanne gekauft, andere möchten lieber vor der Couch im Vierfüßlerstand das Kind auf die Welt bringen. „Möglich ist hier alles, wobei die Ausstattung in einem Geburtshaus natürlich umfangreicher ist.“

Weniger Schmerzmittel

Die Hebammen kommen immer zu zweit, sodass eine optimale Versorgung möglich ist. „Wir können keine PDA und keinen Wehentropf setzen. Wenn sich die Geburtssituation so entwickelt, dass medizinische Interventionen nötig werden, müssen wir die Frau in ein Krankenhaus verlegen – und das frühzeitig. Diese Quote beträgt bei Erstgebärenden rund 25 Prozent, denn die meisten brauchen tatsächlich bei Hausgeburten zum Beispiel weniger Schmerzmittel. Das gilt auch für Geburten im Geburtshaus“, weiß Miriam Janssen. Und sie vermutet, dass dies an dem großen Sicherheitsempfinden der Mutter liegt. „Eltern gehen hier völlig selbstbestimmt und selbstbewusst in die Geburt – schöner kann eine Geburt nicht sein!“

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