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Wie werden wir ein Dreamteam?

Wie werden wir uns von einem Paar in die Rolle der Eltern entwickeln? Welche Vorstellungen habe ich von meiner Vaterrolle? Wie sehe ich mich als Mama? Und werden wir es schaffen, eine gleichwertige Partnerschaft zu leben? Viele Gedanken schwirren im Kopf herum, wenn das erste Kind auf die Welt kommt. 

junges Elterpaar mit Baby vor Holzhütte im Frühling

Eva Rüther

19.03.2024

Lesezeit 4 Minuten

Es ist immer sinnvoll, sich mit dem oder der Partner:in darüber auszutauschen, wie die eigene Vorstellung der Elternrolle aussieht. Der Familienalltag sieht dann manchmal völlig anders aus. Ein wichtiger Schritt zu einem harmonischen Miteinander ist die Reflexion der eigenen Rolle und verwurzelter Glaubenssätze. „Die Elternzeit beginnt mit der Tatsache, dass sich das Paar in ganz anderen Dimensionen wahrnehmen wird als bisher. Denn ich lerne mich selbst als Mutter oder Vater kennen und eben auch den/die Partner:in in dieser anderen Rolle“, sagt Achim Schad. Er ist Familientherapeut und weiß, dass die eigene Herkunftsfamilie einen großen Einfluss hat: Welche Rolle hat mein eigener Vater in der Familie eingenommen? Wer war wofür zuständig? „Ich glaube, dass die größte Herausforderung als Eltern darin besteht, diese unterschiedlichen Vorstellungen unter einen Hut zu bekommen und dann ein gutes Eltern-Team zu werden.“ Die konservative Vorstellung ist, dass Mamas häufig diskussionsbereiter sind und eher mit den Kindern verhandeln. Sie sind nachgiebiger als Väter. Auch wenn das ein altmodisches Bild ist, stellt Achim fest: „Immer noch wollen Mütter es allen recht machen – wenn es den Kindern gut geht, ist alles in Ordnung. Sie wollen häufiger als Männer den Erwartungsdruck erfüllen. Männer können sich viel besser abgrenzen und diskutieren nicht so ausufernd wie Mütter.“ Das erkennt Achim Schad bereits bei Jungs und Mädchen so. Als Erwachsener wird sich dieses Muster weiter fortsetzen. Letztlich sind viele Eltern durch ihre eigene Kindheit so geprägt.

Icon Männchen am Computer

Vollzeit/Teilzeit

Im Jahr 2022 gingen rund 69 Prozent der Mütter von Kita- und Schulkindern einer Erwerbstätigkeit nach, so das Statistische Bundesamt. Das sind neun Prozent mehr als noch 2005. Die meisten Mütter arbeiten in Teilzeit, Väter haben einen Vollzeitjob. Im Jahr 2022 war das bei 65 Prozent der Paare so. Bei nur zwei Prozent der erwerbstätigen Elternpaare arbeitete die Mutter in Vollzeit.

Eltern als Team

„All das klingt zunächst pauschal, doch diese Unterschiede bestehen nun einmal. Wichtig ist, diese Realität anzuerkennen. Wir können uns nicht klonen und ,eins‘ werden.“ Vielleicht ist in deiner Familie Papa viel empathischer als Mama. Das spielt für die Elternschaft, für ein gutes Eltern-Team, von dem das Kind profitiert und bei dem es sich aufgehoben fühlt, ja gar keine Rolle, denn: Wenn sich nun der eine besser abgrenzen kann, der andere empathischer ist, kann sich das gut ergänzen. „Darin besteht die Kunst: Wir nehmen uns mit unseren Unterschiedlichkeiten an. Dadurch verändert sich im Sinne des Kindeswohls unsere Elternbeziehung.“ Das macht Achim Schad ganz deutlich. Nicht also der Unterschied zwischen Mama und Papa ist oft das Problem, sondern die manchmal fehlende Wertschätzung und Akzeptanz des Andersseins. Es geht nicht darum, „zwanghaft“ eine Gleichheit zu versuchen zu leben. Deshalb hat Achim Schad für Eltern drei Tipps, damit sie für ihre Kinder zu einem Dreamteam werden: „Wer zuerst auf das Kind reagiert, hat recht.“ Das heißt: Es ist für die Familie nicht gut, wenn zum Beispiel die Mutter vor dem Kind dem Vater Vorwürfe macht, weil der den Sohn ihrer Meinung nach nicht passend kritisiert hat. Dann nämlich wird das Kind ein Bündnis mit der Mutter gegen den Vater eingehen. Es kommt zu einer Dynamik und einem Streit, den wir ja so nicht wollen. Zweite Regel: Wer für das Kind zuständig ist, darf so reagieren, wie er es für richtig hält. „Mütter sind manchmal vorsichtiger und vielleicht umsichtiger als Väter. Ein Papa darf aber den Nachmittag mit der Tochter so verbringen, wie er es sich vorstellt, ohne von der Mutter kritisiert zu werden.“ Für die dritte Regel nennt Achim Schad ein Beispiel: Der Vater kommt abends nach Hause, die Kinder tanzen der Mutter auf der Nase herum und gehen nicht ins Bett. Der Vater kritisiert die Mutter vor den Kindern dafür, dass sie sich nicht durchsetzt. Streit schaukelt sich hoch. Besser: einen Schulterschluss machen. „Ich bestätige also dann die Erziehung und Forderung meines Partners, sodass die Kinder feststellen: Beide Elternteile halten zusammen, sie sind ein Team.“

Icon rote Puzzleteile auf gelbem Grund

Aufgabenteilung

Aus dem Väterreport 2023, herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, geht unter anderem hervor: 34 Prozent der Familien, in denen beide Elternzeit genommen haben, geben an, dadurch zu einer gerechteren Aufgabenteilung gefunden zu haben. Bei über der Hälfte (57 Prozent) der Familien, in denen der Vater Elternzeit genommen hat, wurde die Kinderbetreuung nach der ersten Elternzeit annähernd hälftig geteilt.

Auf Augenhöhe

So betont Achim Schad, dass Kinder vor allem Eltern brauchen, die gemeinsam agieren. „Wenn sie sich in die Hacken laufen, stolpern sie.“ Ein schönes Bild! Auch hier geht es ihm wieder darum, Unterschiede anzuerkennen und sich wechselseitig wertzuschätzen. Es geht darum, ganz unkompliziert die vermeintliche „Mama- oder Papa-Rolle“ im Alltag zu übernehmen. Trösten kann der Vater schließlich genauso wie die Mutter – vielleicht ja in deiner Familie besser. Vielleicht traut sie wiederum dem Kind auf dem Spielplatz mehr zu als der ängstlichere Vater. Letztlich geht es immer nur darum, diese Unterschiede anzunehmen und dem Kind genauso vorzuleben. Nur so kann aus Eltern ein Dreamteam werden. Problematisch wird es immer, wenn ein Elternteil stirbt oder getrennt lebt. „Keiner sollte den Versuch unternehmen, das andere Elternteil zu ersetzen. Ich halte viel davon, wenn ein Kind unterschiedliche soziale Beziehungen hat. Das finde ich übrigens auch ohne Trennung wichtig; sonst wird die Beziehung zwischen Mutter/Vater und Kind zu klebrig. Das Kind sollte eine Vielfalt an Beziehungen kennenlernen.“ Denn sonst übertreiben Eltern das Projekt Kind und sind viel zu sehr auf ihren Sprössling fixiert.

Icon rotes Baby auf gelbem Grund

Elternzeiten

Längere Elternzeiten von Vätern wirken sich nachhaltig positiv auf die Aufgabenteilung mit der Partnerin sowie auf die Vater-Kind-Beziehung aus (IfD Allensbach 2022).70 Prozent der Eltern, die beide Elternzeit genommen haben, geben an, dass durch die Elternzeit des Vaters die Vater- Kind-Bindung gestärkt wurde, und ebenfalls 70 Prozent sagen, dass der Vater dadurch wichtige Schritte in der Entwicklung des Kindes miterleben konnte. 65 Prozent berichten, dass die Mutter durch die Elternzeit des Vaters entlastet wurde.

Weg aus dem Dilemma

Ziel ist immer eine tragfähige und gleichberechtigte (Paar-)Beziehung zwischen Eltern, von der der Nachwuchs profitiert. Deshalb hält er es auch für wichtig, dass Mütter bald wieder beruflich tätig werden. Dadurch können eine paritätische Partnerschaft und ein Dreamteam auf Augenhöhe entstehen. Und doch schleicht sich im Alltag eine Rollenverteilung ein, die wir so vielleicht gar nicht wollten: „Mama, ich brauche eine neue Busfahrkarte!“ „Was gibt es heute zum Essen?“ „Kannst du mich nicht mehr im Haushalt unterstützen?“ Irgendwie holt die meisten von uns dann doch der Alltag rund um Kinder, Küche, eigenen Beruf ein. Bei aller Diskussion rund um Gleichberechtigung und paritätische Partnerschaft gilt dann doch in vielen Familien: Papa sorgt für die finanzielle Absicherung, Mama arbeitet in Teilzeit und kümmert sich um den Rest. „Familienmanagerin“ nennt es Dr. Sabine Diabaté (siehe Interview). Denn nach wie vor, so belegen es Studien, ist die Mutter doch meistens diejenige, die sich darum kümmert, dass das Geschenk für den Kindergeburtstag besorgt wird, das Handballtrikot gewaschen ist, der Sohn neue Gummistiefel braucht und – ach, ja, für morgen muss noch ein Kuchen für die Kita gebacken werden, und die Mama von Laura hat gefragt, ob ich sie nicht nach der Ballettstunde abholen kann. Kippt so nicht die gleichberechtigte Partnerschaft, in der ich zwar die Unterschiede anerkenne, aber eine Asymmetrie entsteht, die unzufrieden macht? Kommunikation lautet hier der Weg aus diesem Dilemma. Reden über die Erwartungen und Unterschiede, aber auch über das, was unzufrieden macht oder nicht stimmig ist. Nur so werden wir zum Dreamteam Eltern, auf das Kinder sich immer verlassen können.

Im Mittelpunkt der Familie

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