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Let’s talk about Geld

Über Geld zu sprechen ist vielen unangenehm – aus verschiedensten Gründen. Weil die Haltung der Eltern zu Geld aber auf ihre Kinder abfärbt, sollte man sich ab und zu ein paar grundsätzliche Gedanken dazu machen.

ein Kind sitzt auf dem Boden und sammelt Münzen im Glas

Pia Arras-Pretzler

04.07.2024

Lesezeit 3 Minuten

Für alle, die in den 90ern noch nicht bewusst Radio gehört haben: Den Titel habe ich nicht von ungefähr gewählt. Eigentlich heißt das (okay, ich gebe es zu, inzwischen wirklich ururalte) Lied ja: Let’s talk about sex. Passt, dachte ich mir, denn zusammen mit Religion gehören Sex und Geld zu den Gesprächsthemen, die sich irgendwie tabu anfühlen. Sowohl beim Thema Sex als auch bei Geld kann es vorkommen, dass alle argwöhnen, das Gegenüber hätte mehr davon. Und sowohl an Gott als auch an Geld muss man glauben, damit das Konzept funktioniert. Denn im Grunde ist es nur eine gesellschaftliche Übereinkunft, dass die an und für sich wertlosen Papierscheine und die Zahlen auf dem Konto gegen konkrete Dinge eingetauscht werden können. Die Zeiten, in denen unser Geld durch Goldreserven oder den Dollar gedeckt waren, gehören immerhin seit über fünfzig Jahren der Vergangenheit an. Aber das nur nebenbei.

Geld und Freundschaft

Dass Geld bei Licht betrachtet nicht mehr als ein schwer durchschaubares gesellschaftliches Konstrukt ist, ist nämlich meist unser geringstes Problem. Sehr viel wahrscheinlicher ist es, dass wir das Gefühl haben, die falsche Menge davon zu besitzen. Zu wenig. Aber auch: zu viel. Das hängt oft davon ab, mit wem wir es gerade zu tun haben. Als Dorflehrertochter habe ich zum Beispiel eine fatale Ehrfurcht vor reichen Menschen vorgelebt bekommen. Den Schuh wollte ich mir nicht anziehen, also legte ich bei wohlhabenden Menschen lange Zeit extrastrenge Maßstäbe an. Zum Glück gewöhnte ich mir diese Haltung ab, denn im Grunde sind wir ja alle – Überraschung! – einfach Menschen. Niemand kann sich aussuchen, in welche Verhältnisse er hineingeboren wird. Bei Geld hört die Freundschaft zwar angeblich auf, aber ich finde, bei Freundschaften sollte Geld keine Rolle spielen. Wenn dein Kind sich also mit Klassenkamerad:innen anfreundet, die finanziell in einer ganz anderen Liga spielen als du: Entspann dich. Solltest du die tollere Wohnung haben und dir mehr leisten können: Fühl dich nicht schlecht. Schäm dich nicht. Und wenn du dich vom Lebensstil der anderen eingeschüchtert fühlst: Fühl dich nicht schlecht. Schäm dich nicht. 

Geld und Selbstbild

Die Scham, die mit einem Zuviel oder einem Zuwenig an Geld einhergeht, belastet uns nicht nur selbst, sondern uns alle, als Gesellschaft. Wer nämlich vor allem damit beschäftigt ist, sich mit anderen zu vergleichen, verliert aus den Augen, welche Möglichkeiten und auch Pflichten sein oder ihr Wohlstand mit sich bringt. Es fehlt der dankbare Blick auf das, was man hat. Unvergessen zum Beispiel Friedrich Merz, der allen Ernstes von sich behauptete, zur Mittelschicht zu zählen, weil er nicht „wirklich reich“ sei, so wie andere. Genau, man wird immer jemanden finden, der noch mehr Geld hat. Aus diesem Gefühl heraus fühlt sich aber niemand dafür verantwortlich, etwas abzugeben, zu teilen, großzügig zu sein.

Geld und Großzügigkeit

Dabei ist Großzügigkeit eine Superkraft, die nicht nur das Zusammenleben in der Familie und mit anderen enorm erleichtert, sondern erwiesenermaßen auch noch glücklich macht. Elizabeth Dunn, Lara Aknin und Michael Norton haben das in einem Experiment nachweisen können. Dafür wurden Personen zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe erhielt etwa 10 Dollar mit dem Auftrag, sich selbst damit etwas Gutes zu tun. Die zweite Gruppe sollte das Geld für andere ausgeben – etwa ein Geschenk kaufen oder spenden. Diese Teilnehmer:innen fühlten sich danach deutlich zufriedener und glücklicher als diejenigen, die sich selbst verwöhnt hatten.

rosa Sparschwein mit Kulleraugen auf weißem Grund

Besser wird’s nicht

Die Schwelle für Familien (2 Erwachsene, 2 Kinder), ab der zusätzliches Einkommen nicht mehr zu einem Plus an Zufriedenheit führt, liegt laut einer Studie der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Bielefeld in Deutschland bei etwa 100.000 bis 120.000 Euro brutto pro Jahr.

Geld und Zeit

Aber wo kämen wir denn hin, wenn wir unser hart erarbeitetes Geld nicht zusammenhalten würden, sondern einfach verschenken? Sollen Kinder nicht früh genug den Wert von Geld zu schätzen lernen, denn immerhin wächst es nicht auf den Bäumen? Wichtig erscheint mir, sich den Zusammenhang zwischen Zeit und Geld klarzumachen: Um Geld zu verdienen, verkauft man einen Teil seiner Lebenszeit. Das fällt leichter, wenn die Arbeit irgendeine Art von Befriedigung verschafft – die im Idealfall darüber hinausgeht, dass man sich dadurch sein Leben einigermaßen leisten kann. Oder genug Geld verdient, um sich für den langweiligen Job darüber hinaus zu belohnen. Unser Verhältnis zur Arbeit wird unseren Kindern nicht verborgen bleiben – Glückwunsch, wenn sie mitbekommen, dass ihr gern macht, was ihr macht!

Geld und Wert

Die Frage ist also: Wie bekomme ich eine gute Balance hin zwischen meinen Einnahmen und meinen Ausgaben und der Zeit und Energie, die ich fürs Geldverdienen aufwenden muss? Was kann ich mir leisten? Was will ich mir leisten? Wer absolut knapp bei Kasse ist, hat schlechte Karten – haltbare, nachhaltige Lösungen liegen oft außerhalb des Budgets und man gerät in eine Abwärtsspirale, weil Dinge oft nachgeschafft werden müssen. In Deutschland wächst mehr als jedes fünfte Kind in Armut auf. Wie das zu ändern ist? Eigentlich sehr einfach: durch Geld. Wobei wir wieder bei der Großzügigkeit sind. Denn die weit verbreitete Annahme, dass arme Menschen mit Geld nicht umgehen können und dieses Geld an Bedingungen und Kontrolle geknüpft werden muss, damit es nicht verpufft, ist laut Autor Rutger Bregman (Utopien für Realisten) ein Irrtum. Deshalb setzt er sich unter anderem für bedingungsloses Grundeinkommen ein. Aber ich schweife ab: Es ging darum, hier und heute Prioritäten zu setzen und klug mit seinem Geld und seiner Zeit umzugehen. Seinen Kindern vorzuleben, dass nicht alles, was einen Preis hat, auch Wert besitzt. Dass es andererseits okay ist, sich etwas Teures zu gönnen, wenn man es wirklich gern und oft benutzt – und sich leisten kann. Dass es völlig normal ist, sich in der perfekten Schöner-Wohnen-Umgebung der neuen Freundin erst mal eingeschüchtert zu fühlen. Aber dass das alles nichts, aber auch gar nichts damit zu tun hat, ob man die Menschen darin mag oder nicht.

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