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Partizipation: Die Stimme der Kinder

Durch Partizipation in der Grundschule lernen Kinder schon früh, eigene Interessen einzubringen und Ideen für ein fröhliches und friedliches Miteinander zu entwickeln. Sie bildet den Grundstein für die persönliche und soziale Entwicklung der Kinder und fördert ein Verständnis für Demokratie. Kindern eine Stimme zu geben, ein positives sozial-emotionales Klima zu schaffen und die Auseinandersetzung mit demokratischen Werten rückt immer mehr in den Vordergrund.

das Schülerparlament der Grundschule sitzt in einem Klassenraum zusammen

Christina Posser

31.10.2024

Lesezeit 3 Minuten

Kinder werden ab der Geburt durch ihre Kernfamilie, Verwandte und Freund:innen sozialisiert. Bereits in der Grundschule kann durch ein respektvolles, achtsames und aufmerksames Miteinander diese Sozialisation positiv beeinflusst werden. So leistet die Schule einen wichtigen Beitrag, indem sie Räume für Partizipation und Mitbestimmung schafft. „Nur wenn wir im kleinen, überschaubaren Gemeinwesen die Grundsätze von Demokratie erlebt und verstanden haben, werden wir sie in der großen Polis wahrnehmen und zuversichtlich befolgen.“ Diese These von Erziehungswissenschaftler Hartmut von Hentig bringt es auch nach über 40 Jahren noch auf den Punkt. Durch das Mitwirken an schulischen Entscheidungsprozessen lernen Kinder, wie demokratische Systeme funktionieren und was es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen.

Näher hingeschaut

Im Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen ist eine Schülervertretung erst ab der fünften Klasse gesetzlich verpflichtend. Die Schülervertretung nimmt die Interessen der Schüler:innen wahr und fördert deren fachliche, kulturelle, sportliche, politische und soziale Integration. Obwohl es per Verordnung nicht vorgeschrieben ist, findet schulische Partizipation mittlerweile bereits ab dem Eintritt ins Schulleben statt. Wie das aussehen kann, erfahren wir an der KGS Unter den Eichen und erhalten Einblicke in eine Sitzung des Schülerparlaments: Es ist 7.50 Uhr am Mittwochmorgen. Über Lautsprecher werden die neuen Klassensprecher:innen von der Schulsozialarbeiterin zum Schülerparlament gebeten. Normalerweise macht das ein Mitglied des Schülerparlaments selbst, aber heute ist das erste Treffen nach den Sommerferien und diese Rollen werden erst in der Sitzung verteilt. Eine feste Agenda gibt es in dieser Sitzung nicht, aber gemeinsam erarbeitete Regeln, wie zum Beispiel der respektvolle Umgang miteinander und, dass alles gesagt werden darf, ohne Angst davor haben zu müssen, ausgelacht zu werden. Diese Regeln wurden vom Schülerparlament selbst gesetzt, und alle halten sich verantwortungsvoll daran.

Mitbestimmungsrecht

Aber auch die oder der Vorsitzende wird durch den Schülerrat selbst gewählt, sowie die Zeitwächterin und derjenige, der die Probleme und Ergebnisse auf dem Flipchart verewigt. Die Sitzung beginnt mit einer Vorstellungsrunde, bis auf ein Mädchen aus der dritten Klasse sind alle Sprecher:innen neu in ihrem Amt. Es beginnt zaghaft, alle sind gespannt, was nun passiert und welche Funktion sie hier erfüllen. Beginnen wir mit einer Einführung in das Thema Partizipation – „Partizi- was???“ „Ja, das ist ein schweres, aber wichtiges Wort. Partizipation bedeutet, dass ihr Teil des Schullebens seid und daher ein Mitgestaltungs- und teilweise auch Mitbestimmungsrecht habt. Das geht natürlich nur in bestimmten Bereichen. Wir können hier nicht die Ferien verlängern, auch wenn das schade ist, aber wir können durch das Schülerparlament aktiv an einem schönen Schulalltag für alle mitwirken, und hier ist euer Raum, Wünsche, Ideen und Gedanken zu äußern, wie Schule heute und in Zukunft noch besser gestaltet werden kann“, klärt die Sozialarbeiterin Melanie Hartmann auf.

Mehrwert für alle

An dieser Grundschule wird Partizipation seit Jahren großgeschrieben. Die Direktorin Heike Maas berichtet stolz, dass es sich weg von einer Scheinpartizipation hin zu einer echten Teilhabe entwickelt habe. Ihre Freude über die Möglichkeiten, die den Kindern hiermit geboten werden, ist ihr sichtlich anzumerken. Im Schülerparlament kommen Themen zur Sprache, die sonst keinen Platz im eng getakteten Schulalltag finden. So konnten zum Beispiel durch die Vorschläge der Kinder fußballfreie Zonen auf dem Schulhof in den Pausenzeiten integriert werden. Die Lehrkräfte der KGS hätten solch eine Maßnahme nicht eigeninitiativ ergriffen, da es sich auf den ersten Blick wie eine Strafe anfühlt. Das Gegenteil ist aber der Fall. Es gibt viele fußballbegeisterte Kinder an der Schule, die so ihren Platz für ballsportliche Aktivitäten in der Pause erhalten haben und dort ungehemmt bolzen können, während die anderen Kinder auf der restlichen Fläche ungestört rennen, turnen und spielen können, ohne von einem Ball getroffen zu werden. Es ist ein absoluter Mehrwert für alle Beteiligten.

Partizipation und implizites Lernen

Einerseits werden in jeder Sitzung konkrete To-dos für die Klassenräte, Schulleitungen und Sozialdienste besprochen, damit die Kinder die Bedeutung dieser Funktion verinnerlichen. Denn nur wenn die Treffen Wirkung haben, lernen Kinder, wie wichtig ihre Stimme ist. Andererseits ist an der KGS durch diese Beteiligung ein umfassendes Schutzkonzept entstanden, das nicht ausschließlich Gewaltprävention einschließt. So wurde im letzten Schuljahr beispielsweise eine Wohlfühl-Umfrage durchgeführt. Über die Lerntablets wurden den Kindern altersgerechte Fragen zu ihren Wohlfühl- und Unwohlfühl-Situationen und Orten an der Schule gestellt. Diese Erhebung wird nun ausgewertet, und die Ergebnisse fließen direkt in den Verhaltenskodex für die Lehrkräfte der Schule ein. Alle pädagogischen Fachkräfte erhoffen sich durch dieses partizipative Vorgehen, einen Lernort zu schaffen, der auf allen Ebenen nachhaltig wirkt. In einer wechselseitigen Beziehung zwischen Lehrkräften und Schüler:innen, die auf gegenseitigem Respekt basiert, sammeln Kinder wertvolle Erfahrungen, die ihre Fähigkeit zur Partizipation und Autonomie fördern.

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